Tagungsbericht

Am 01.12.2015 fand an der Ernst-Abbe Hochschule Jena die Fachtagung „Soziale Grundrechte auch für Flüchtlinge – Flüchtlingsrechte im nationalen Wohlfahrtsstaat“ statt. Im Zentrum stand ein praxisbezogener wissenschaftlich-politischer Dialog über die beiden zentralen Fragen der aktuellen Flüchtlingspolitik: a) wie gelingt die Inklusion der Flüchtlinge in den deutschen Sozialstaat und was muss sich in ihm ändern und: b) können und wollen wir soziale Grundrechte (Menschenrechte) jenseits der nationalen Grenzen und Identitäten garantieren? Die Fachtagung war in drei Phase gegliedert: der Vormittag stand ganz im Zeichen der Wissenschaft. Vier wissenschaftliche Vorträge von ProfessorInnen der Ernst-Abbe Hochschule und der Friedrich Schiller Universität (Opielka, Harth, Behlert, Eichenhofer) und ein wissenschaftliches Panel der vier ReferentInnen führten in das Thema ein und markierten die zentralen Herausforderungen und Konflikte um die Migrationspolitik aus ethischer, rechtlicher und sozialpsychologischer Sicht. Fremdheit konstruiert sich durch Unwissenheit in einer medial und politisch polarisierenden Öffentlichkeit. Die Kategorisierung von Menschen schafft einen Ordnungsrahmen und vereinfacht. Doch die Vereinfachung grenzt aus, die Wirklichkeit wird verdünnt, Werte werden unsichtbar. Das war einer der Gründe, warum die Studierenden der Sozialen Arbeit des 7. Semesters rund um Prof. Dr. Michael Opielka, Professor für Sozialpolitik an der EAH, die Dringlichkeit in dieser Fachtagung sahen. Im Anschluss an den wissenschaftlichen Vormittag folgten am Nachmittag in Semi-Open-Space-Gruppen informative Inputs von Studierenden, sowie Gästen aus Wissenschaft, Praxis und Politik, zu denen sich die rund 250 anwesenden Gäste offen austauschten und Thesen wie Fragen an das anschließende Politische Podium entwickelten.

Das Podium wirkten Landtags- und Bundestagsabgeordnete sowie Bürgermeister von CDU, SPD und Grünen mit (die Vertreterin der Linken war kurzfristig erkrankt, die zunächst eingeladene Vertreterin der AfD wurde ausgeladen), sowie ein führender Vertreter des DRK und die Landesbeauftragte für Migration in Thüringen. Die Podiumgöste wurden mit der aus der lösungsorientierten Gesprächsführung bekannten „Wunderfrage“ konfrontiert: Angenommen über Nacht würde sich die Flüchtlingsfrage lösen, wie würde diese Lösung aussehen und wie würde sie sich im Alltag bemerkbar machen? Sehr pragmatische wie sehr weitreichende Ideen wurden diskutiert, wie beispielsweise der Wunsch von Christian Herrgott (MdL, CDU) nach beschleunigten Verfahren innerhalb der Asylpolitik oder die Vision von Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (MdB, Grüne) einer Weltgesellschaft ganz ohne Grenzen. Auch die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes, die Integration der Migranten in den Arbeitsmarkt, das Ideal des „uneingeschränkten Helfens ohne die Person anzusehen“, wie auch eine konsequent inklusive Bildungspolitik wurden formuliert. Das Podium bot die Möglichkeit, auch widersprüchliche Konstrukte nüchtern zu betrachten, um einen eigenen, gut begründeten ethischen Blick entwickeln zu können. Die Studierenden des 7. Semesters der Sozialen Arbeit und Prof. Dr. Opielka blicken daher zufrieden auf einen erkenntnisreichen, informativen Tag zurück.